Und die Band spielt weiter …

Scott Jones, Ph.D.

25. September 2013

 Es ist belegt, dass das Titanic-Orchester heldenhaft weitergespielt hat, bis das Schiff endgültig auf den Grund des Atlantiks zu sinken begann. Die Versuchung mag groß sein, dieses Ereignis mit der Entscheidung des Olympischen Komitees zu vergleichen, die Olym­pischen Sommerspiele 2020 nach Tokyo zu vergeben. Die Devise Auf Teufel komm’ heraus weitermachen mag eine passende Beschreibung dafür sein – es darf aber nicht übersehen werden, dass es fundamentale Unterschiede bei den beiden Situationen gibt.

Der Verlust an menschlichen Leben war zweifellos schockierend, vor allem auch, weil die Titanic laut Ex­perten nicht hätte sinken dürfen. Die Musik aus Fukushima ist ausgesprochen enervierend. Aus dem schwerst angeschlagene Reaktorgebäude 4 tönt es mittlerweile so, als ob seine Schräglage in einem qualvollen und langsamen Zusammenbruch kulminieren würde. Dieser Kollaps würde dazu führen, dass das Abklingbecken in freiem Fall 30 m nach unten kracht – und dabei würden die Brennstäbe zerplatzen und zu einer Freisetzung von radioaktivem Material führen, die über das Tausendfache von Hiroshima hinausginge.

Japan würde von jenen, die die weltweiten Folgen der resultierenden Strahlenhölle überleben, an seine Verantwortung erinnert werden. Und die Erinnerung würde ohne Zweifel schonungslos sein. Die Erinnerung an die abertausend unschuldigen zivilen Opfer von Hiroshima und Nagasaki durch die Atombomben-Angriffe im Weltkrieg mag noch mildernd wirken. Aber es würde keinerlei Verständnis für Japans Weigerung geben, um internationale Hilfe zu bitten, damit sichergestellt ist, dass getan wird, was getan werden kann, um die ständig wachsenden Gefahren in Folge des Erdbebens und des Tsunamis vom März 2011 in den Griff zu bekommen.

Hoffentlich bleiben die Erinnerungen daran lebendig, was aus der Tragödie von Fukushima zu lernen ist: Dass Profitdenken bei wichtigen Entscheidungen ausschlaggebend war, dass gekaufte Kontrollbehörden versicherten, dass die Warnungen vor gefährlichen Handlungen und Situationen ignoriert und auf Gegenmaßnahmen verzichtet werden könne.

Wir werden nie wissen, ob das Unvermeidliche hätte wirklich vermieden werden können, wenn die weltweit erfahrensten Nuklear-Ingenieure und Atom-Wissenschaftler in Fukushima einbezogen worden wären.

Die Sommerspiele im Jahr 2020 werden nicht in Tokyo stattfinden. Die Natur hat andere Pläne mit Tokyo und mit der Erde.

Bedauerlicherweise geht es nicht mehr um die Frage Was kann gemacht werden? In letzter Konsequenz bleibt nur eine schonungslose und ehrliche Abrechnung mit Fukushima und mit der Atomindustrie. Das sind wir den künftigen Generationen schuldig, die teuer für unser Spiel mit einer Technik bezahlen werden, die wir nicht im Griff haben können.

 

Originalquelle:  http://akiomatsumura.com/2013/09/and-the-band-played-on.html

Übersetzung und Lektorat: www.afaz.at (ho)

 

Dieses Schriftstücks steht unter GFDL, siehe www.gnu.org/licenses/old-licenses/fdl-1.2.html. Vervielfältigung und Verbreitung – auch in geänderter Form – sind jederzeit gestattet, Änderungen müssen mitgeteilt werden (email: afaz@gmx.at). www.afaz.at September 2013 /v1

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